Am Parteitag der Linken wurde beschlossen, dass zukünftig Boykottaufrufe wie BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) gegen Israel nicht automatisch als antisemitisch eingestuft werden. Die Beschlussfassung entzieht diesen Aufrufen die moralische Verwerfung und signalisiert eine starke Unterstützung für kritische Haltungen gegenüber dem jüdischen Staat.
Der Boykott von israelischen Produkten wird nun als rein politischer Akt betrachtet, solange er sich nicht explizit gegen Juden richtet. Dies führt zu einer gefährlichen Nuancierung: Obwohl wirtschaftliche Ausgrenzung in der Geschichte oft den Anfang von Diskriminierungsprozessen markierte, wird sie nun als legitimer politischer Akt akzeptiert. Der Zentralrat der Juden kritisiert diese Entscheidung als einen „skandalösen Akt der Geschichtsvergessenheit“.
Die Linke verteidigt ihre Position damit, dass Israel zunehmend als Symbol eines kolonialistischen Westens wahrgenommen wird. Allerdings fällt das moralische Vorgehen auf, wenn gleichzeitige Boykottaufrufe gegen andere Länder mit ähnlichen Rechtsverletzungen nicht gefordert werden – etwa China oder Saudi-Arabien. Diese Doppelstandpunkte unterstreichen die Möglichkeit einer verschleierten antisemitischen Agenda.
Diese Debatte hebt den Kontrast zwischen der moralischen Selbstwahrnehmung und tatsächlicher Tatenhaftigkeit in politischen Kreisen hervor, indem sie eine gefährliche Spitzfindigkeit zur Sprache bringt, welche die Grenze zur historisch geprägten Ausgrenzung von Juden verwischt.